Reiseblog 1 - Samaipata, Sucre (Cloud Forest, Weihnachten)



Dieser Blog wurde erst nach der Reise verfasst, daher finden sich vermutlich öfter Kommentare über Zukünftiges und Vergangenes.
Momentan sitze ich hier auf meiner Terrasse Zuhause und werde 14 Seiten Notizen in Text umwandeln. Ich werde diesmal möglichst viele Bilder verwenden, denn diese sagen bekanntlich ja mehr als 1000 Worte. Auch einige Videos werden vorkommen!
Aufgrund des größeren Arbeitsaufwandes dauerte es leider etwas länger. Und zu den Videos: Ich habe seit 10 Jahren kein Video mehr geschnitten, also sei nachsichtig!

Mein Plan für die Reise war wie folgt:
Von meiner Heimatstadt San Ignacio nach Santa Cruz, dann weiter nach Samaipata und in die Hauptstadt Sucre, dort verbringe ich Weihnachten mit Caspar und Familie. Dann geht es mit einem Voluntär-Kollegen weiter nach Potosí in die Silbermine, nach Uyuni auf eine 3-tägige Tour durch die Salzwüste, nach La Paz, den höchsten Regierungssitz der Welt. Und dann alleine über den Titicaca-See (inklusive Isla del Sol) und dann Cochabamba und Santa Cruz wieder nach Hause.
3 Wochen habe ich für die Reise, Budget ist eher günstig.
Einmal noch zum Mitschauen mit Karte:



Hier beginne ich also mit meiner Erzählung:

Samaipata (Cloud Forest)

AM ENDE GIBT ES EIN VIDEO!

Caspars Familie kommt, um ihn zu besuchen und dann mit ihm gemeinsam zu reisen. Wir haben uns geeinigt, dass wir zusammen losstarten und uns auf dem Weg trennen, denn wir brauchen nach einem halben Jahr auch ein bisschen Abstand.
Da ich zwar gerne alleine Reisen möchte, aber nicht alles, kommt es mir sehr gelegen, dass spontan mein Freund David anfragt, ob er mit mir reisen kann. Er kommt später und muss früher wieder nach Hause, also optimal für mich.
David ist ein deutscher Tischler in meinem Alter, er hat früher bei einer deutschen Familie im Dschungel geholfen ein Hotel aufzubauen, arbeitet mittlerweile aber bei einem lokalen (aber österreichischen) Tischler.

Am Sonntag den 17. Dezember kommt die Familie (das sind Vater, 2 Schwestern und der Freund einer Schwester) mit dem Flugzeug und wird von Caspar abgeholt.
Ich überrasche sie mit einem Kuchen und Refrescos, damit sie sich sofort wohlfühlen. Die ersten Tage bleiben wir noch hier, Caspar zeigt ihnen die Schule und wir essen gemeinsam mit dem wenigen Mädchen, die über die Ferien im Internat bleiben.
Ich bin einen Tag mit Flipflops unterwegs (ich bin kein Fan, also ist das eher eine Ausnahme) und werde dabei natürlich von den in der Regenzeit verstärkt vorkommenden Mosquitos geplagt. Am Abend zähle ich 70 Stiche auf meinen Füßen, ein persönlicher Rekord!
Um die Gegend ein wenig zu sehen wandern wir auf einen Hügel neben der Stadt, von dem man einen guten Blick hat. 

Der Ausblick über unsere Stadt, San Ignacio. Im Vordergrund das Busterminal, im Hintergrund der See


Leider sind wir ein bisschen zu viel in der Sonne und vielleicht kommt auch noch schlechtes Essen dazu, einer der Schwestern und mir geht es auf jeden Fall in der nächsten Nacht nicht gut. Leider ist das die Busfahrt-Nacht nach Santa Cruz, der Auftakt unserer Reise.
Die Busse hier sind zwar oft toll, die Klos aber nicht, nur Pinkeln ist gestattet. Daher ergibt sich für mich die Frage wohin ich mich übergeben soll. Glücklicherweise (?) hat Caspars Schwester den Drang schon vor mir verspürt und es steht unten ein Kübel bereit. Mit dem Finger im Hals versuche ich also im schaukelnden Klo den Kübel gut zu treffen und mir ein bisschen Erleichterung zu verschaffen.
Es gelingt und ich kann später Gott sei Dank schlafen. Was ich erst am nächsten Morgen erfahre ist, dass mein treuer Freund Caspar in der Nacht hinter uns beiden aufgeputzt hat und den Kübelinhalt bei einem Stopp losgeworden ist. Mein Held!
Angekommen in Santa Cruz sind wir beide ziemliche Leichen und liegen nur auf der Bank oder am Boden herum. So habe ich mir den Beginn der Reise nicht vorgestellt…
Wir wollen aber gar nicht in Santa Cruz bleiben (die Stadt hat wirklich wenig zu bieten!), sondern direkt weiter nach Samaipata. Das ist ein Hippie-Dorf auf etwa 1700m, also ein guter Ausgangspunkt für die Akklimatisierung.
Der Weg dorthin ist nicht sehr bequem, zu siebt in einem engen Taxi fahren wir einige Stunden auf kurvigen, schlechten Straßen. Mein Zustand hilft mir auch nicht wirklich, die Reise zu genießen.
Und das obwohl die Landschaft atemberaubend ist! Es ist das erste Mal, dass ich weiter nach Westen komme als Santa Cruz, und kurz dahinter beginnen schon die bewaldeten Hügel, die später zu den Anden wachsen.
Bei einem Checkpoint wo unser Fahrer ein Ticket kaufen muss wird das Auto plötzlich von etwa 15 Verkäufern umströmt, die uns alle lauthals ihre Waren andrehen wollen. Getränke und Snacks, das Übliche, das an jeder Kreuzung, an jedem Bus-Terminal, in jeder Tienda (also kleine Shops) verkauft wird.

Später hält der Fahrer plötzlich und steigt aus, wir folgen verwirrt.
Ein Faultier hat sich auf den Weg gemacht, die Straße zu überqueren! Ein seltsames und langsames Schauspiel, und einer der wenigen Momente auf dieser Reise wo ich ein wildes Tier zu sehen bekomme.





Das Hostal in Samaipata ist ein Traum. Mit großen, hübsch eingerichtetem
Wohnzimmer, angenehmem heimeligen Ambiente lädt es zum Auskurieren ein. Den ersten Tag verschlafe ich komplett, dafür bin ich dann wieder fit!
Das Frühstück ist das Beste, das ich in Bolivien jemals gegessen habe.
der Tisch biegt sich vor selbstgemachten Marmeladen, Müsli mit Joghurt und frischen Früchten, Pancakes auf Anfrage…

Samaipata ist für mich wirklich ein Kontrast. Durch den Tourismus und viele europäische Zuwanderer ist es reicher, daher wesentlich hübscher hergerichtet.




Aber nur im Zentrum. Fährt man mit dem Auto hinaus, sieht es wieder sehr bolivianisch aus.
Wir machen ein paar Ausflüge, zum einen besuchen wir Ruinen, ein Treffpunkt vieler verschiedener alter Kulturen.




 Von dort hat man auch einen schönen Blick über die Gegend.


Am Tag darauf fahren wir in den „Cloud-Forest“ im Amboro-Nationalpark. Es ist nicht wirklich ein Regenwald, aber fast. Er liegt auf etwa 2000-2500m, ist eben sehr wolkig und feucht und es leben kaum Tiere dort.
Regen verhindert beinahe unseren Ausflug, da die Straßen nicht befahrbar sind, wenn es zu nass wird. Ich verstehe später auch, wieso! Die Straßen sind (wie so oft) wirklich abenteuerlich gebaut.
Ich, als minimalistischer Reisender, habe für die Reise nur ein paar Laufschuhe und eine lange Jeans dabei. Beide werden noch so einiges erleben in dieser Zeit!

Wir fahren mit zwei Autos, einem Geländewagen und einem typischen bolivianischen Taxi (bei dem ich mich wirklich frage, wie es diese Straßen hinaufkommt) auf einen Berg, von dort aus gehen wir in den Wald. Cloud-Forest ist ein verdienter Name, es regnet am Beginn und ist stark bewölkt.





Unser Führer (im Bild) erzählt bei einigen Pausen ein bisschen über den Wald:

Es gibt kaum Tiere hier, also auch keine Insekten (keine Mosquitos!). Das ist der Feuchtigkeit und Höhe geschuldet. Tatsächlich sehen wir kaum ein Tier aus der 6 Stunden dauernden Wanderung.
Dieses Gebiet ist speziell und einzigartig, was beispielsweise Pflanzen angeht. Denn hier treffen sich drei große Gebiete: Im Norden ist der Amazonas, im Westen die Anden und im Südosten das Flachland (ich habe leider den Namen vergessen). Aus allen Gebieten gibt es hier Pflanzen und Tiere.
Auch treffen drei Kulturen zusammen (wie beispielsweise in den Ruinen, die nacheinander von Kulturen aller Regionen als Ritualplatz verwendet wurden).
Eine Besonderheit die es hier gibt sind die hechos gigantes (Riesenfarne). Diese wachsen unglaublich langsam, mit nur 1cm pro Jahr (es gibt auch eine schneller wachsende Gattung mit 2-3cm/Jahr). Sie werden bis zu 20m hoch, ergo 2000 Jahre alt. Sie sehen aus wie Palmen, mit grünen Blättern ganz oben und einem verholzten Stamm.




Wir wandern durch viele Canyons (in denen leben geschützt die Farne) mit Quellen und Bächen.
Mit ein wenig Suchen finden wir auch einen Tausendfüßler!





Es geht rauf und runter, dann gehen wir auf die Spitze eines Berges um von dort die Aussicht zu genießen. Die besteht aus Wolken. Sehr schönen Wolken!




Wir sind auf 2500m, und die Vegetation erinnert auf dem windigen Gipfel sehr an eine europäische Alp! Ein paar kleine Büsche, sonst Gras und ein paar störrische andere Pflanzen.
Wir stürzen uns wieder in den Wald, ein bisschen später kommen wir zu einem anderen Ort mit Aussicht, diesmal sehen wir auch etwas von der Landschaft.




Der Wald an sich ist natürlich interessant und anders als alles Gewohnte. Doch die große Distanz lässt wenig Verweilen zu und nach ein paar Stunden Fußmarsch wird auch der spannendste Wald eintönig.





Es ist dicht bewachsen, überall Pflanzen, aber weniger dicht als ein echter Regenwald. Das Klima ist kälter als in Samaipata, und feuchter. Ich bin mir nicht sicher ob ich frieren oder schwitzen soll, also mache ich beides (dieses Gefühl werde ich noch öfter haben!).

Ziemlich müde fahren wir zurück nach Samaipata und organisieren uns eine Weiterfahrmöglichkeit nach Sucre, Boliviens Hauptstadt.

Diese ist in Form eines Minibusses mit angenehmen Ledersitzen und ausreichend Platz. Wir fahren tagsüber um die Landschaft zu sehen.
Natürlich wäre ein Nachtbus günstiger, aber die Familie reist mit mehr Budget als ich, also kann ich mich beim Taxi anschließen.



Die Natur ist wirklich schön. Die Täler sehen aus der Ferne teilweise aus wie in Österreich, bei einem fühle ich mich sehr an den Pinzgau, die Heimat meines Vaters erinnert.
Nur dass es wesentlich bewaldeter und feuchter ist.



Kommt man in ein Dorf, verliert sich die Illusion schnell und man fühlt sich wieder sehr in Bolivien.
Die Straße ist durch die Berge gebaut, daher sehr kurvenreich und zur Hälfte noch eine Dreckstraße. Die Asphaltstraße ist… in Konstruktion. Ein Wunder, dass die Hauptstadt mit der größten Stadt und dem industriellen Zentrum noch immer nur über diese Dreckstraße verbunden ist.




Bei einem Felssturz müssen wir gezwungenermaßen 1h warten und vertreiben und die Zeit, indem wir mit Kindern Steine in den Fluss werfen.
Am Weg sieht man wie immer sehr viele Tiere (das schließt die Dörfer mit ein). Schweine, Ziegen, Kühe, Pferde, all das lebt ziemlich frei.



Sucre

Am 24. Dezember sind wir also in Sucre, der Perle Boliviens. Es soll die schönste Stadt sein, mit vielen kolonialistischen weißen Bauten. Viele verbringen hier einige Wochen mit einem Sprachkurs und genießen die Stadt.



Interessant und ein sehr gutes Beispiel für die Zweischneidigkeit Boliviens sind die Häuser. Diese sind teilweise Megavillen, teilweise heruntergekommene Schuppen.
Manche Erbauer mischen sogar die beiden Stile:




Halb Glasfront, halb unverputzt.
Unverputzte Gebäude sind hier eher die Norm. Besonders auffällig wird das in La Paz werden, wo kaum ein Gebäude veputzt wurde.


Sucre liegt auf 2800m, also schon recht hoch (für europäische Verhältnisse. Für Bolivien ein guter Zwischenstopp um sich zu akklimatisieren für später (für europäische Verhältnisse. Für Bolivien ein guter Zwischenstopp um sich zu akklimatisieren für später).
Und wenn Rom auf 7 Hügeln gebaut ist, dann steht Sucre auf 7 Bergen. Es ist wirklich ein ewiges hoch und runter. Also erklimmen wir (verfolgt von Straßenhunden) auf steilen Straßen einen der Berge um die Aussicht von dort zu genießen.



An diesem Tag kommt auch David nach. Er verbringt Weihnachten mit uns, danach werden wir beide weiterreisen.

Hier ist man schon eher im Hochland, das heißt die traditionelle Kleidung ist so, wie man sie vielleicht kennt: viele Bunte Tücher, Frauen mit Röcken und breiten Hüften und dem typischen Bowlerhut.
Es gibt hier und später viele Obdachlose, fast ausschließlich diese traditionellen Frauen, meistens mit einer Hand voll Kinder. Sie leben auf der Straße, verkaufen manchmal handwerkliche Dinge oder betteln sonst. 



Die Kinder sind natürlich ungewaschen, spielen auf der Straße mit dem bisschen Spielzeug, das sie besitzen. Oft werden sie vorgeschickt um zu betteln, auch um Dinge zu verkaufen oder manchmal tanzen sie (kann man das überhaupt tanzen nennen?) zu Musik aus einem kleinen Radio.
So ergibt es sich, dass die meisten Kinder schon sehr früh erwachsen werden.


Die Stimmung ist (auch aufgrund der Jahreszeit) nicht sehr weihnachtlich. Es gibt zwar Schmuck (auch viele Schneeflocken, was ich interessant finde), aber so richtig will ich nicht ins Weihnachtsgefühl kommen. Auch weil es das erste Mal ist, dass ich Weihnachten ohne meine Familie feiere.

Heiligabend verbringen wir in einem hübschen Restaurant und lassen es uns gut gehen mit leckerem Essen und Wein.
Es werden Geschenke verteilt und ich spüre den Weihnachtsgeist im familiären Beisammensein, auch wenn es nicht meine Familie ist.

Danach gehen wir auf den Hauptplatz. Alle Städte sind hier nach spanischem Vorbild aufgebaut. Das heißt ein Hauptplatz in der Mitte, voller Bäume und Bänke, und dann Schachbrettmuster-Straßen. Unser Dorf ist genauso!

Der Hauptplatz hier ist mit vielen Lichterketten geschmückt und voller Leute! Ich bin sehr überrascht, wie viele Bolivianer sich am Heiligabend hier aufhalten.
Bei uns ist das wahrscheinlich die ausgestorbenste Nacht des Jahres, alle Familien sitzen Zuhause.




Doch hier gibt es Breakdancer, Tänzerinnen, Maler, Verkäufer, unglaublich viele Kinder. Wie ein großer lebhafter Weihnachtsmarkt




Das Rathaus ist auch extrem geschmückt. Bolivianer lieben ihre Lichterkettern!





Der 25. Dezember ist ein ziemlicher Urlaubstag. Fast alles hat geschlossen (wobei man in Bolivien an jedem Sonntag oder Feiertag immer etwas findet, das offen hat) und wir genießen die Ruhe.
Es ist mein letzter Reisetag mit der Familie, danach trennen sich unsere Wege und ich werde mit David gemeinsam weiterreisen.
Wobei wir die Selbe Route nehmen und dieselben Orte abklappern, daher werden wir uns noch öfter über den Weg laufen.

Der Kontrast ist interessant, die Reisestile von der Familie und von David sind nämlich recht konträr. Von europäischer Planungsarbeit und natürlich etwas luxuriöserem Reisestil zu spontan und minimalistisch.
Als gutes Beispiel: Essen gehen. An diesem Tag gehen wir hübsch essen, ich koste das erste Mal in meinem Leben Lama (lecker! Wenn auch wenig Eigengeschmack).
Mit einer Hauptspeise und Getränk kommt man auf etwa 10€.
Legt man es drauf an (und David und ich werden es noch öfter drauf anlegen) kann man auch für 1,50€ essen gehen uns satt werden. Das ist dann ein großes Stück Brathuhn, dazu eine Portion ungesalzenen Reis, eine Portion weiche Spaghetti und eine Portion labbrige, kalte Pommes.
Nicht gesund, nicht unglaublich schmackhaft, aber günstig und füllend.
Man sieht schon, dass Bolivianer Fleisch lieben, Beilagen ebenso und alles was grün ist verabscheuen.



Nun, das versprochene Video:




Weiter zu Teil 2:




Kommentare

  1. whow, danke für den ausführlichen Bericht Valentin !
    (von Wien aus betrachtet an einem grauen Januarmorgen klingt das alles aufregend, bunt, laut und dicht).
    katharina

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